Verein Käfer für Basel löst sich auf

Alle Aufgaben erfüllt und zuversichtlich, was die Zukunft betrifft: Der Verein Käfer für Basel stellt nach fast 36 Jahren seit der Gründung seine Tätigkeit ein und löst sich auf. Dies wurde am 14. Februar 2023 an einer im Naturhistorischen Museum abgehaltenen Generalversammlung von den anwesenden Mitgliedern einstimmig beschlossen. Die zeitweise im Besitz des Vereins befindliche bedeutende Käfersammlung des bayrischen Lodenfabrikanten und Käferforschers Dr. h.c. Georg Frey, gehört heute dem Kanton Basel-Stadt und wird professionell betreut. Sie wird im neuen Museum im Sankt Johann sogar begangen werden können.
Das Restvermögen des Vereins wird der Basler Stiftung Pro Entomologia überschrieben. Sie fördert entomologische Anliegen und damit auch Käferforschung.
Mit dem Beschluss zur Auflösung des Vereins trat auch der Vorstand, bestehend aus Giovanni Bonavia (Präsident), Terry Inglese (Kasse), Jürgen Vogt (Aktuar), Armin Coray, Christoph Germann und Christoph Heuberger, zurück. Er hatte in den letzten Jahren noch einmal versucht, etwas für die Popularität der Käfer und der Sammlung Frey zu tun. Doch der Erfolg blieb bescheiden, die Pandemie kam dazu. So beschloss der Vorstand, den Mitgliedern die Auflösung des Vereins vorzuschlagen. Im Bewusstsein, viel erreicht zu haben.

Der Verein Käfer für Basel war 1987 von einer Schar interessierter Bürger und Bürgerinnen gegründet worden, um das Geld für den Erwerb der dem Basler Naturhistorischen Museum angebotenen riesigen Kollektion von über zwei Millionen Käfern des 1976 verstorbenen Sammlers Dr. h.c. Georg Frey zusammenzubringen. Diese grösste noch vollständig erhaltene private Käfer-Sammlung der Welt war damals dem Museum von der Witwe des Sammlers, Barbara Frey, für 2 300 000 DMark zum Kauf angeboten worden.

Die Begeisterung in der Basler Bevölkerung war gross und anhaltend. Geldsammeln und Mitgliederwerbung nahm allerdings ein rasches Ende, als die Zoologische Staatssammlung in München, die sich bereits als Erbin der in einem Privatmuseum in Tutzing aufbewahrten Käfer gesehen hatte, beantragte, die ganze Kollektion des Bayern Frey zu deutschem Kulturgut zu erklären. Damit war eine Ausfuhr vorerst blockiert.

Der Basler Verein, getragen von einer breiten Sympathiewelle aus der Bevölkerung, hatte nun plötzlich den Freistaat Bayern zum Gegner. Doch der Schachzug aus München erboste die über achtzigjährige Witwe des Sammlers derart, dass sie mit dem Verein nicht nur öffentlich einen dreissig Jahre, also weit über ihre Lebenserwartung hinaus gültigen Leihvertrag abschloss, sondern in einem auf ihren Wunsch geheim zu haltenden Erbvertrag die gesamte Kollektion samt umfangreicher Bibliothek vererbte und auf jedes Geld verzichtete.

Obwohl es am Anfang fast nur pessimistische Prognosen über den Ausgang eines Rechtsstreits zwischen ungleichen Gegnern gab, führte der Verein unbeirrt eine lange Reihe von Prozessen vor deutschen Gerichten. Am Ende war der Verein Käfer für Basel als rechtmässiger Erbe der nun allerdings als deutsches Kulturgut geltenden Käferkollektion anerkannt. Mit dem deutschen Kulturministerium wurde vereinbart, unter welchen Bedingungen eine Ausfuhr möglich würde. 1997 war es dann so weit, die Käfer trafen auf dem Basler Münsterhügel ein. (Eine ausführliche Geschichte kann man hier lesen.)

Der Verein hatte damit sein in den ersten Statuten formuliertes Ziel erreicht. Die ihm geschenkten Käfer hatte er in eine Stiftung eingebracht, die wiederum vertraute die Käfer dem Naturhistorischen Museum an. Im Stiftungsrat, in dem nun auch das deutsche Kulturministerium und die Familie Frey vertreten waren, blieb den Vertretern des Vereins die Aufgabe, für eine dauerhafte und ausreichende fachliche Betreuung, für die Inventarisierung, die Erschliessung der Bibliothek und andere Massnahmen einzutreten, die den Zugang zur abgeschlossenen Sammlung verbessern und ihren Erhalt garantieren.

Alle diese Fragen sind inzwischen in positivem Sinne geklärt. Der Kanton und das Museum haben erhebliche Mittel und Anstrengungen investiert, eine Kuratorenstelle ist dauerhaft eingerichtet, die Käfer sind im Spenglerpark schädlingssicher und zugänglich aufbewahrt. Die ebenfalls dort untergebrachte Bibliothek ist von den Fachleuten der Universitätsbibliothek katalogisiert und für alle erschlossen. Im neuen Museum im Sankt Johann soll man künftig als Besucherin oder Besucher die Sammlung sehen können.

Wie Basel zur grössten privaten Käfersammlung der Welt von Konsul Dr. h.c. Georg Frey kam

gfrey1
Der Sammler Dr. Georg Frey mit Käfern.

Gewichtige Post aus Tutzing kommt im Herbst 1986 auf den Basler Münsterhügel. Mit einem auf eine Seite karierten Papiers handgeschriebenen Brief bietet Barbara „Babette“ Frey, 81, dem Basler Naturhistorischen Museum die Käfersammlung ihres 1976 verstorbenen Mannes, des bayrischen Lodenfabrikanten und Konsuls Dr. h.c. Georg Frey, mit geschätzten zwei bis drei Millionen wissenschaftlich bestimmten Käfern an. Der Preis: 2’300’000 damalige DMark. Die Offerte für die in 6’700 Vitrinenschubladen in einem eigenen Museum in Tutzing aufbewahrten Insekten, die auch an verschiedene andere Häuser gegangen ist, gilt für sechs Monate. Der Leiter der Entomologischen Abteilung des Museums, Michel Brancucci, geht mit dem einzigartigen Angebot auf die Suche nach Sponsoren. Mit vorerst bescheidenem Erfolg.

Juli 1987: Die Öffentlichkeit sieht erstmals die farbige Pracht der Käfer
Michel Brancucci wendet sich nun an die Medien. In der Basler Zeitung erscheint ein erster auffallend schwarzweiss mit grossen Bockkäfern illustrierter Bericht. Die langen schwarzen Antennen – so prächtig sie eigentlich sind – bestärken bei einigen Leserinnen und Lesern wohl vorhandene Distanz. Begeisterung sieht anders aus, wenig geschieht. Doch als am 1. Juli – die langen Sommerschulferien haben schon begonnen – in der Basler Zeitung erstmals an prominenter Stelle eine ganze Seite mit farbigen Bilder von Prachtskäfern und anderen bunten Kollegen erscheint, wird klar, was man mit der grössten erhaltenen Privatsammlung der Welt an Kostbarkeiten haben könnte. Die Öffentlichkeit beginnt sich schlagartig zu interessieren
.

Juli 1987: Eine Bewegung formt sich und ein Verein wird gegründet
Von verschiedener Seite werden jetzt an Michel Brancucci Ideen getragen,  wie man das Geld für den Erwerb der Sammlung aufbringen könnte. Etwa nach Basler Art durch Aktionen und ein grosses Fest. Die Gründung eines Vereins wird vorgeschlagen. Und bereits drei Wochen nach dem ersten Medienbericht ist es soweit. Am 21. Juli 1987 wird der Verein „Käfer für Basel“ gegründet. Sein Vorstand ist gross, weil sich bereits auf die zu planenden Aktivitäten hin Spezialisten engagieren. Präsident wird Michel Brancucci, als Leiter der Abteilung Entomologie am Basler Museum Garant für die wissenschaftliche Betreuung der Sammlung. Der Mitgliederbeitrag wird bewusst auf nur 10 Franken festgesetzt, es sollen viele mitmachen können. 

Michel Brancucci
Michel Brancucci


Das Vizepräsidium übernimmt der Unternehmer Elio Tomasetti, erfahren in der perfekten Organisation grosser Stadtfeste und bald oft unterwegs in Käfer-Sachen. Die Funktion des Kassiers übernimmt der dem Naturhistorischen Museum schon über die Familie und die Museumskommission verbundene Bankier Alfred E. Sarasin. Der Direktor des Museums und weitere Mitglieder aus dem Museum, den Medien, dem Polizeidepartement machen mit. Der bekannte Basler Werber Roger Mayer entwirft ein Signet. 
Die Gründung des Vereins wird mit einer Medienkonferenz bekannt gemacht. Michel Brancucci hat sich bei Barbara Frey einige Käferschubladen in Tutzing ausgeborgt und zeigt sie in den Vitrinen einer kleinen Ausstellung im Eingang des Naturhistorischen Museums an der Augustinergasse und in den Schaufenstern der Kreditanstalt (heute Credit Suisse) am Bankverein. Das Projekt wird greifbarer und bekommt öffentliches Profil.

19. August 1987: München legt sich quer

Die Nachricht, dass in Basel ein Verein die Bürgerinnen und Bürger mobilisieren will, um das Geld für den Erwerb der Sammlung des Münchner Lodenfabrikanten Georg Frey zusammenzubringen, wird auch von der deutschen Presseagentur (DPA) verbreitet. Aus den Radionachrichten erfährt der Direktor der Zoologischen Staatssammlung in München, Ernst Josef Fittkau (1927-2012)  von der Gründung in Basel. Mit einer eigenen gut besetzten Insektenabteilung ausgestattet, hatte sein Münchner Museum bereits alles vorbereitet, um die Sammlung von Konsul Dr. h.c. Georg Frey in München einzulogieren. Denn bisher war man hier davon ausgegangen, dass irgendwann mal die Sammlung nach München vergeben wird oder bereits vergeben ist… Die Kollektion des bayrischen Entomologen gilt als die grösste noch ungeteilte Sammlung in privatem Besitz.

Meriangärten sind an Käfern reiche Insel

Vom Buntfarbenen Putzläufer über den Johanniskraut-Prachtkäfer bis zum Zahnschienen-Schwammfresser und Rindenrüssler: Die in der Brüglinger Ebene am Stadtrand von Basel liegenden Meriangärten sind eine Insel der Artenvielfalt im urbanen Raum Basels – auch was Käfer betrifft.

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist merianplan.png.

Ganze 213 Käferarten aus 34 Familien sind am 16./17. Juni 2017 in nur 24 Stunden den auf Beobachtung ausschwärmenden, mit Kescher und Klopfschirm gerüsteten und auf der Lauer liegenden Koleopterologen begegnet. An jenem „GEO-Tag der Natur“, bei dem es ganz allgemein um die vorhandene Fauna ging, waren sie aus dem Naturhistorischen Museum Basel, dem Naturmuseum Solothurn und dem Forschungsinstitut für Biologischen Landbau FIBL von Frick zusammengekommen, um bei Tag, Dämmerung, Nacht und Morgengrauen herauszufinden, wer denn da unten in Brüglingen das riesige Reich der Käfer vertrete. Die Ausbeute war beachtlich. Die Lebensbedingungen sind für viele und auch seltenere Arten offenbar noch günstig.

Wie in den „Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaften beider Basel“ (Vol. 18/2018) jetzt berichtet wird, wurde mit Xylographus bostrichoides (pilzbewohnender „Holzschreiber“) ein Käfer erst zum zweiten Mal überhaupt gefunden.

Xylographus bostrichoides: Pilzbewohnender „Holzschreiber“. Wurde in den Meriangärten erst zum zweiten Mal in der Schweiz gesichtet. Skala 2 Millimeter. Foto Matthias Borer 

Auch andere Käferarte mit sehr zerstreutem und lückenhaftem Verbreitungsmuster in der Schweiz sind in Brüglingen anzutreffen.

Obwohl die Zahl der Begegnungen gross erscheint, dürfte in der kurzen Zeit im Juni nur ein Teil der wirklich übers Jahr in den 18 Hektaren grossen Meriangärten lebenden Käferschaft gefunden worden sein. Schliesslich kommt es darauf an, wer wie hinschaut und sammelt, heisst es im Bericht: Die Artenliste spiegle die Fachrichtungen der beteiligten Spezialisten und ihre Sammel- und Beobachtungsmethoden wieder, schreiben die Autoren Matthias Borer und Armin Coray vom Naturhistorischen Museum Basel, Christoph Germann vom Naturmuseum Solothurn und Henryk Luka vom FIBL in den Mitteilungen.

Bei der Expedition, bei der den vier Autoren noch Agata Luka, Daniel Küry und Marc Neumann beistanden, wurden die Käfer per Handfang auf dem Boden oder an Pflanzen gesammelt. Oder mit einem Saugapparat gefangen. Andere wurden mit Kescher (Netz am Stecken, siehe Bild) und Klopfschirm von den Pflanzen gestreift oder mit dem Käfersieb aus der Streu gesiebt. Manche der Tiere wurden später untersucht und identifiziert, fotografiert und eingeordnet.

Am Ende waren 42 Arten Rüsselkäfer, 38 Arten von Blattkäfern und 10 Arten von Baumschwämme bewohnenden Käfern bestimmt. Zahlreiche weitere Familien waren nur mit einer einzigen Art vertreten. Nimmt man die Zusammensetzung der aufgetretenen Käfer als Massstab, so scheinen die Meriangärten weniger ein Garten als eine Naturlandschaft zu sein, in der sich viele Wiesen- und Waldarten wohl fühlen. Nur Erdflohkäfer-Arten von Phyllotreta und zwei Arten Spargelhähnchen Crioceris wären für Garten typisch.

Die Einheimischen sind bei Merians unter sich. Auch eine gezielte Suche nach eingewanderten Neozoen blieb ergebnislos. Einzig ein 1979 erstmals beobachteter eingewanderter Dickmaulrüssler Otiorhynchus wurde neben einer einheimischen Art gefunden. Die Dickmäuler sind in städtischen Gärten häufig und darum lästig, weil sie sich von den ihren städtischen Gärtner(inne)n sozusagen ans Herz gewachsenen Blättern über Nacht ganz viele runde Stücke abbeissen und unansehnlich machen können.

Unter den bestimmten Käfern waren auch der Schnecken verzehrende Laufkäfer Abax parallelepipedus, oder der Blattlausvertilger Anchomenus dorsalis. Andere Laufkäfer wiederum helfen als Samenvertilger Unkraut zu bekämpfen. Zwölf Arten sind in dem Bericht genauer beschrieben. Wir werden sie von Merian I bis Merian XII in nächsten Postings und lockerer Folge vorstellen. Fortsetzung folgt…

Demnächst als Merian I: Die Eiförmige Grünrüsslerin Eusomus ovulum, die bei uns ohne Männchen auskommt und es gern heiss hat.

Eusomus ovulum (Skala 2mm) Foto Matthias Borer NHMB