Lebt verborgen und oft mit Ameisen zusammen: Der Rindenrüssler Dryophtorus corticalis
Der Rindenrüssler aus der artenreichen Familie der Rüsselkäfer (Curculonidae), den man am GEO-Tag der Natur 2017 in den Meriangärten gefunden hat, ist in die ganze Welt verschleppt worden und kommt darum auch fast in allen Regionen der Schweiz vor. Dennoch begegnet man ihm selten, weil er eine bestimmte Qualität zersetzten Holzes für seine Larvenentwicklung braucht, wie der neu in der Entomologie des Basler Naturhistorischen Museums tätige und im Vorstand des Vereins Käfer für Basel gewählte Christoph Germann 2017 mit Elsa Obrecht in den Entomo Helvetica (10: 147-150) beschrieben hat. Die beiden untersuchten ein Massenauftreten des Rindenrüsslers an zerfallendem Holz eines Urweltmammutbaums Metasequia glyptostroboides. In den Meriangärten fand man ein Exemplar in zerfallendem Holz eines liegen gelassenen Blutbuchenstamms.
Oft treffe man ihn zusammen mit Weg- und Waldameisen an. Ob er nur die gleichen Nischen nutzt, oder von den Ameisen profitiert, weiss man nicht.
Quelle: Borer et. al. Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaften beider Basel, Vol. 18, 2018, S. 43-44
Die Käferkennerinnen und -kenner haben das natürlich sofort bemerkt: Was wir als Wegerich-Blattflohkäfer Longitarsus scutellaris als Merian III/XII abgebildet hatten war keiner, sondern natürlich ein Geissrauten-Samenkäfer Bruchidius imbricornis, der noch in der Warteschlange steht, um später hier aufzutauchen. Das Ganze ist jetzt auf kaeferfuerbasel.ch korrigiert, aber damit bei den kommenden Begegnungen in den Meriangärten keine Fehler passieren hier nochmals nun richtig: links der Wegerich-Blattflohkäfer, rechts der Geissrauten-Samenkäfer. Danke für die Hinweise.
Er gehört zu den auch bei uns zahlreich in über 200 Arten (!) lebenden Blattflohkäfern und hat ein gutes Springvermögen. Das hat ihm auch den Floh in den Namen gebracht. Könnten wir so hoch springen, kämen wir glatt vom Basler Münsterplatz auf die Spitze des Martinskirchturms. Der Wegerich-Blattflohkäfer Longitarsus scutellaris, der am GEO-Tag der Natur 2017 in den Meriangärten gefunden wurde, schätzt den Mittleren Wegerich Plantago media oder den Breitwegerich P. major als Lebensmittelpunkt. Die beiden Pflanzen wachsen, wie ihr Name andeutet, gern auf vielbegangenen Wegen. Der Käfer führt also ein ziemlich gefährliches Leben und kann seine Springfähigkeiten gebrauchen. Den Wegerich trifft man häufig an, seinen nach ihm benannten Blattflohkäfer aber nur selten. Für die Schweiz wurde er erst einmal sicher nachgewiesen (Hugentobler 1966).
Die Arten der Gattung Longitarsus seien sich aber sehr ähnlich und darum das Bestimmen schwierig. Meist müsse man dafür die Geschlechtsorgane präparieren, schreiben Borer et al. in den Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaften beider Basel (Vol 18/2018 S. 43), wo sie über ihre Funde berichten.
Tarsus heisst übrigens Fuss, scutellum ist lateinisch ein Schildchen.
Unter den Mitte Juni 2017 am GEO-Tag der Natur angetroffenen Käfern befand sich auch dieser schöne Laufkäfer aus der Familie der Carabidae. Der Anchomenus doralis ist in der Paläarktis (Nordafrika, Europa und Asien) häufig und kommt bei uns in tieferen Höhenlagen bis an die Hügelhänge vor. Der schlanke Körperbau und die Langen Beine zeichnen den schnellen Läufer aus. Den Putzläufer findet man gern an Acker- und Pionierpflanzen. Im Sommer sieht man ihn auf exponierten Grünlandflächen und Äckern. Den Getreidebauern und – bäuerinnen hilft er gegen Blattläuse. Dabei wechseln die Käfer nach reichem Mahle in Getreidefeldern so im Juli in die Krautsäume, Hecken und Gebüsche, wo sie auch überwintern. Will man also Blattlausfresser als Gehilfen haben, pflanzt man am besten naturnahe Flächen am Rand der Kulturen.
Borer M. et al. Mitteilungen der Naurforschenden Gesellschaften beider Basel Vol 18/2018 Seiten 40/41
In den 24 Stunden, die am GEO-Tag der Natur 2017 für die Suche nach Käfern aufgewendet wurden und deren Ergebnisse schon hier beschrieben sind, wurde auch ein Eiförmiger Grünrüssler Eusomus ovulum gefunden. Der grün beschuppte Rüsselkäfer kann nicht fliegen und bewegt sich daher nicht weit. Er liebt heisse und trockene Habitate und frisst offenbar an verschiedenen Kräutern. Seine Larve kennt man (noch) nicht, wird im Bericht über die Käferexpedition beschrieben.
Eigentlich kann man gar nicht von Grünrüssler sprechen, sondern eher von Grünrüsslerin. Denn die Käfer-Art vermehrt sich bei uns nur durch Jungfernzeugung oder parthenogenetisch. Die Weibchen legen unbefruchtete, aber teilungsfähige Eier, aus denen nur Weibchen schlüpfen. Diese Fortpflanzungsstrategie ist bei Rüsslern, darunter besonders den Dickmaulrüsslern, nicht selten. Grünrüsslerinnen sind bisher eher wenig in der Schweiz angetroffen worden. Ausser in Basel gibt es nur noch gesicherte Fundstellen im Wallis und bei Genf. Fortsetzung folgt.
Vom Buntfarbenen Putzläufer über den Johanniskraut-Prachtkäfer bis zum Zahnschienen-Schwammfresser und Rindenrüssler: Die in der Brüglinger Ebene am Stadtrand von Basel liegenden Meriangärten sind eine Insel der Artenvielfalt im urbanen Raum Basels – auch was Käfer betrifft.
Ganze 213 Käferarten aus 34 Familien sind am 16./17. Juni 2017 in nur 24 Stunden den auf Beobachtung ausschwärmenden, mit Kescher und Klopfschirm gerüsteten und auf der Lauer liegenden Koleopterologen begegnet. An jenem „GEO-Tag der Natur“, bei dem es ganz allgemein um die vorhandene Fauna ging, waren sie aus dem Naturhistorischen Museum Basel, dem Naturmuseum Solothurn und dem Forschungsinstitut für Biologischen Landbau FIBL von Frick zusammengekommen, um bei Tag, Dämmerung, Nacht und Morgengrauen herauszufinden, wer denn da unten in Brüglingen das riesige Reich der Käfer vertrete. Die Ausbeute war beachtlich. Die Lebensbedingungen sind für viele und auch seltenere Arten offenbar noch günstig.
Xylographus bostrichoides: Pilzbewohnender „Holzschreiber“. Wurde in den Meriangärten erst zum zweiten Mal in der Schweiz gesichtet. Skala 2 Millimeter. Foto Matthias Borer
Auch andere Käferarte mit sehr zerstreutem und lückenhaftem Verbreitungsmuster in der Schweiz sind in Brüglingen anzutreffen.
Obwohl die Zahl der Begegnungen gross erscheint, dürfte in der kurzen Zeit im Juni nur ein Teil der wirklich übers Jahr in den 18 Hektaren grossen Meriangärten lebenden Käferschaft gefunden worden sein. Schliesslich kommt es darauf an, wer wie hinschaut und sammelt, heisst es im Bericht: Die Artenliste spiegle die Fachrichtungen der beteiligten Spezialisten und ihre Sammel- und Beobachtungsmethoden wieder, schreiben die Autoren Matthias Borer und Armin Coray vom Naturhistorischen Museum Basel, Christoph Germann vom Naturmuseum Solothurn und Henryk Luka vom FIBL in den Mitteilungen.
Bei der Expedition, bei der den vier Autoren noch Agata Luka, Daniel Küry und Marc Neumann beistanden, wurden die Käfer per Handfang auf dem Boden oder an Pflanzen gesammelt. Oder mit einem Saugapparat gefangen. Andere wurden mit Kescher (Netz am Stecken, siehe Bild) und Klopfschirm von den Pflanzen gestreift oder mit dem Käfersieb aus der Streu gesiebt. Manche der Tiere wurden später untersucht und identifiziert, fotografiert und eingeordnet.
Am Ende waren 42 Arten Rüsselkäfer, 38 Arten von Blattkäfern und 10 Arten von Baumschwämme bewohnenden Käfern bestimmt. Zahlreiche weitere Familien waren nur mit einer einzigen Art vertreten. Nimmt man die Zusammensetzung der aufgetretenen Käfer als Massstab, so scheinen die Meriangärten weniger ein Garten als eine Naturlandschaft zu sein, in der sich viele Wiesen- und Waldarten wohl fühlen. Nur Erdflohkäfer-Arten von Phyllotreta und zwei Arten Spargelhähnchen Crioceris wären für Garten typisch.
Die Einheimischen sind bei Merians unter sich. Auch eine gezielte Suche nach eingewanderten Neozoen blieb ergebnislos. Einzig ein 1979 erstmals beobachteter eingewanderter Dickmaulrüssler Otiorhynchus wurde neben einer einheimischen Art gefunden. Die Dickmäuler sind in städtischen Gärten häufig und darum lästig, weil sie sich von den ihren städtischen Gärtner(inne)n sozusagen ans Herz gewachsenen Blättern über Nacht ganz viele runde Stücke abbeissen und unansehnlich machen können.
Unter den bestimmten Käfern waren auch der Schnecken verzehrende Laufkäfer Abax parallelepipedus, oder der Blattlausvertilger Anchomenus dorsalis. Andere Laufkäfer wiederum helfen als Samenvertilger Unkraut zu bekämpfen. Zwölf Arten sind in dem Bericht genauer beschrieben. Wir werden sie von Merian I bis Merian XII in nächsten Postings und lockerer Folge vorstellen. Fortsetzung folgt…
Demnächst als Merian I: Die Eiförmige Grünrüsslerin Eusomus ovulum, die bei uns ohne Männchen auskommt und es gern heiss hat.
Dr. h.c. Armin Coray auf dem Martinsplatz nach der Ehrung.
Am Dies academicus 2018 hat die Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Basel den wissenschaftlichen Zeichner und Käferkenner Armin Coray mit einem Ehrendoktor geehrt, wie hier schon berichtet wurde. Am Freitagabend feierte das Museum die Ehrung und eröffnete eine feine Ausstellung (beim Walfisch), in der gezeigt wird, wie Armin Coray arbeitet, was er an Werkzeugen benutzt und wie unendlich feingliedrig seine Zeichnungen, aber eigentlich eben auch seine Objekte sind. Armin Coray ist natürlich auch Mitglied des Vereins Käfer für Basel.
Als aussenstehender Laie kann man sich vorstellen, wieviel Geduld und welch ruhige Hand es braucht, um all die feinen Härchen, Einbuchtungen, Gliederchen und wunderbare Ausstattung aufs Blatt zu bringen. Und das so genau wie möglich. Denn diese Zeichnungen sind Teil von wissenschaftlichen Publikationen und der Beschreibung von Arten. Das Zeichnen ist ein wichtiger Teil der Beschreibung. Hier schaut erstmals jemand ganz genau hin.
Armin Coray hat sich um viele Insekten zu kümmern. Lebend hat ihn besonders der einst am Sankt-Johann-Rheinbord wohnende und darum als Basler Einwohner besonders berühmte Erdbockkäfer beschäftigt . Er kennt auch die letzten übrig gebliebenen und bekannten Standorte in der Region.
Den Erdbockkäfer hat Armin Coray auch sehr schön ins Bild gesetzt, wie man hier auf der Sonderpublikation zum Erdbockkäfer sieht:
Auch fotografieren kann er.
Im Museum wurde der neue Ehrendoktor gebührend von seinen Kolleginnen und Kollegen gefeiert. Von Museums-Codirektor Basil Thüring etwa in Anwesenheit von Freunden und zugewandten Orten, besonders aber der Entomolog(inn)en Daniel Burckhardt, Matthias Borer, Eva Sprecher, Isabel Zürcher und Freundinnen und Freunden wie Muschelseide-Spezialistin und deswegen bereits früher mit einem Dr.h.c geehrten Felicitas Maeder , aber auch des Käfern zugewandten emeritierten NLU-Professors Peter Nagel sowie des NLU-Professors Bruno Baur.
Unter den „Augen“ des Walfischs (nicht auf dem Bild): Feier für Dr. h.c. Armin Coray im Naturhistorischen Museum in der kleinen aber feinen Ausstellung „Beobachten, Zeichnen, Bestimmen“. Vorne: Basil Thüring links, Armin Coray rechts.
Hier noch ein ein Blick auf Werkzeuge und Zeichnungen:
Detail
Erdbockkäfer
Die Werkzeuge und Objekte – natürlich längst nicht immer Käfer
Am Dies academicus 2018 wurde heute Armin Coray von der Phil-II-Fakultät ein Ehrendoktor verliehen. Armin Coray ist als Käferkenner und wissenschaftlicher Zeichner an zahlreichen Projekten der Entomologie am Naturhistorischen Museum beteiligt. Er hat auch die beste Kenntnis vom Erdkäfervorkommen in der Region. Wir gratulieren unserem Mitglied zur Ehre. (Armin Coray, war auch schon Star in einem NZZ-Video.)
Die Universität Basel berichtet darüber so: Der wissenschaftliche Zeichner Armin Coray wurde mit dem Ehrendoktor der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet. Als Naturbeobachter mit hervorragenden Kenntnissen in der Insektenkunde hat er wesentlich zur Unterscheidung der Arten, zum Wissen über die Verbreitungsgebiete sowie zur Kenntnis der Lebensweise von Heuschrecken und Käfern beigetragen. Erwähnt wurde auch, dass Coray durch die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit der Universität Basel und dem Naturhistorischen Museum Basel auch die Erforschung von stark gefährdeten Arten gefördert hat.
Am Samstag war Nationaler Tag der Naturhistorischen Sammlungen. Wir hatten eine Führung in den bombensicheren Kulturgüterkellern unter dem Hof des Naturhistorischen Museums. Leider waren die Käfer zu weit weg. Aber immerhin vor der Tür. Im Bild rechts Direktor Basil Thüring und Vorstandsmitglied Jürgen Vogt.
Naturhistorische Museen sind lehrreiche Schaukästen zu naturgeschichtlichen Themen. Das ist das, was wir als Besucher sehen. Aber Ihr eigentliches Kapital, mit dem sie wuchern können, sind ihre zum Teil riesigen, einmaligen und unersetzlichen Sammlungen. Sie sind unverzichtbar für die Forschung und können immer wieder neu befragt werden. Auch in Zukunft. Ohne sie wäre ein Museum so gut wie tot.
Die Swiss Systematics Society, die Gesellschaft der Lebewesen einordnenden Wissenschaffenden, hat einen Tag der Naturhistorischen Sammlungen ausgerufen. Kommenden Samstag, dem 17. November, sind Sammlungen von 13 Uhr bis 17 Uhr auch Thema in Basels Naturhistorischem Museum.
Gezeigt wird ein Teil dessen, was in sieben unterirdischen Stockwerken auf dem Münsterhügel aufbewahrt wird. (Die Käfer sind allerdings in den Spenglerpark in Münchenstein ausgelagert und nicht Teil des Tages.) Aber um 14 Uhr wird Seraina Klopfstein, Kuratorin der Insektensammlungen des Museums, auftreten.
Im geplanten neuen Museum sollen die Sammlungen übrigens für Besucherinnen und Besucher sichtbarer werden.