Der Kartoffelkäfer Leptinotarsa decemlineata . Foto Scott Bauer USDA/Wikipedia
Die Familie der Blattkäfer zählt weltweit 35 000 Arten. Bei uns leben allerdings nur deren 461, darunter viele Schädlinge. Die verschiedenen Arten sind meist von mittelgrosser Statur und überschreiten selten die Zwei-Zentimeter-Grenze. Oft handelt es sich um sehr schöne, bunte Tiere, selbst die bei uns vorkommenden Käfer weisen metallische Farben auf. Die Larven als auch die erwachsenen Tiere sind ausschliesslich Pflanzenfresser. Meist ernähren sie sich von einer bestimmten Pflanzengruppe, so beispielsweise das Getreidehähnchen wie der Name besagt von Getreide. Selten jedoch wird nur eine Pflanzenart bevorzugt, wie etwa vom Seidenblattkäfer, der sich ausschliesslich an Schwalbenwurz gütlich tut. Je nach Art und Stadium fressen sich die Tiere an verschiedenen Pflanzenteilen satt, einige minieren dabei sogar das Pflanzeninnere. Die Eiablage findet meist ohne besondere Vorbereitung statt, sie kann sowohl in der Erde als auch an oder in der Futterpflanze selbst erfolgen. Hin und wieder werden die Eier einfach mit Kot oder Sekreten zugedeckt. Einige Blattkäfer-Arten sind ovovivipar, das heisst die Larven schlüpfen bereits wenige Minuten nach der Eiablage.
Obwohl die Tiere eher kleinen Bockkäfern ähnlich sehen, sind die Schilfkäfer ebenfalls den Blattkäfern zuzuordnen. Sie werden im Frühjahr und den Sommer über auf Wasserpflanzen (Seerosen, schwimmendes Laichkraut etc.) beobachtet. Ein paar Arten der Gattung Macroplea leben sogar ständig unter Wasser. lhre Luftreserven befinden sich auf den kleinen, wasserabstossenden Haaren, welche über den ganzen Körper verteilt sind. Zudem sind sie in der Lage, mittels ihren Fühlern den Pflanzen kleine Luftblasen zu entnehmen.
Die bei uns wohl bekannteste Blattkäfer-Art ist der Kartoffelkäfer, welcher, da er aus dem mittleren und südlichen Nordamerika stammt, auch Coloradokäfer genannt wird. Erst Ende des letzten Jahrhunderts wurde er nach Europa eingeschleppt. Da sich diese Art sehr rasch verbreitete, sahen sich die Landwirte in den 30er Jahren vor grosse Probleme gestellt. Dieser Käfer ernährt sich nämlich von Nachtschattengewächsen, vorwiegend von Kartoffeln. Das Tier ist in der Lage, die Futterpflanzen aufgrund seiner Riechoorgane problemlos aufzuspüren. lm Frühling legt der Kartoffelkäfer seine Eier häufchenweise auf die Unterseite der Blätter ab. Die kleinen roten Larven schlüpfen schon nach zehn Tagen und verzehren diese Blätter. Nach drei Häutungen, die innerhalb eines Monats erfolgen, verpuppen sich die Larven. Aus der Puppe schlüpft weitere 24 Tage später der fertige Käfer. Nach einem Reifungsfrass beginnen die Tiere bereits wieder sich zu verpaaren, um dann ihre Eier abzulegen. Doch die daraus entstehende zweite Generation hat in unseren Breitengraden wenig Chancen zu überleben. Sie geht meist zufolge der schlechten klimatischen Verhältnisse und mangels Futter ein. im Spätsommer und im Herbst bereiten sich die erwachsenen Tiere auf die Überwinterung vor, um dann im folgenden Frühling erneut aktiv zu werden. Ein Weibchen kann nämlich zwei Jahre alt werden und in dieser Zeit bis zu 2500 Eier legen.
Eine andere erwähnenswerte und interessante Blattkäfer-Gruppe stellen die Schildkäfer
Rainfarn-Schildkäfer (Cassida stigmatica). Foto Georg Slickers/Wikipedia
dar. Diese Tiere sind sehr flach und derart an die Futterpflanze angepasst, dass sie kaum erkennbar sind. Werden diese Käfer dennoch von ihren Feinden entdeckt, so bedeutet dies keineswegs ihr Ende Ihr Körper bildet nämlich – sofern die Extremitäten eingezogen sind – nahezu eine Einheit mit dem Blatt und bietet keinerlei Angriffsfläche.
Michel Brancucci*
*Michel Brancucci war der erste Präsident von Käfer für Basel und Leiter der damals noch florierenden Entomologie sowie Vizedirektor am Naturhistorischen Museum.
Erstmals am 25. November 1987 in der Basler Zeitung erschienen